17
Okt
2006

Vattenfall droht mit Investitionsstopp

In einem Interview mit der FR, dass gestern veröffentlicht wurde, droht der Chef von Vattenfall, Klaus Rauscher, mit Investitionsstopp, wenn die Politik dirigistisch in die Strompreise und -erzeugung eingreife. Vattenfall sieht sich unter Druck, befürchtet Planwirtschaft und erklärt die hohen Energiepreise in Deutschland mit der hohen Abgabenlast. Rauscher bestreitet, die Kunden in der Vergangenheit abgezockt zu haben, brüstet sich aber im gleichen Atemzug damit, die verordneten Preissenkungen der Bundesnetzagentur an die Kunden weiter zu geben. Trotzdem er also die Preise für die Stromdurchleitung in der Vergangenheit nicht als überhöht betrachtet, befürchtet er angesichts der gesnekten Entgelte aber auch keine Blackouts, man müsse nur die Renditeerwartungen runterschrauben. Ob das weniger Gewinne heiße, will Joachim Wille also wissen – nein, dazu will er dann aber auch keine Prognose abgeben. Viel reden, wenig sagen, nenne ich das.

Dass Vattenfall und die anderen drei sich unter Druck fühlen kann man allerdings nachvollziehen: Marktbeherrschendes Oligopol nennt Wirtschaftsminister Glos die vier großen Stromkonzerne, wirft ihnen Preistreiberei vor und will das Kartellrecht verschärfen, Umweltminister Gabriel will verstaatlichen, Hessens Wirtschaftsminister Riehl den Konzernen Kraftwerke abnehmen, die Netzagentur kürzt ständig Entgelte.

In der heutigen Ausgabe der FR dann die Reaktionen auf Rauschers Drohung: Riehl warnt vor Angstkampagne und bekräftigt die Absicht, Konzerne zum Verkauf von Kraftwerken zu zwingen. Glos geht davon aus, dass die zugesagten Investitionen auch getätigt werden, SPD-Fraktionsvize Kelber fragt sich, ob Vattenfall Angst vor mehr Wettbewerb im Strommarkt habe und weist darauf hin, dass in den Bilanzen der schwedischen Mutter extra auf die hohen Gewinne im deutschen Stromgeschäft verwiesen werde. Der grüne Hessen-Vorsitzende Berninger sprach von Erpressung und dass es Zeit sei, das Primat der Politik im Strombereich durchzusetzen.

Deutscher Sozialstaat...

...abgehängt in der EU, titelt heute die FR. Eine von der Böckler-Stiftung in Auftrag gegebene Verglichsstudie zur sozialen Lage in der EU stuft die BRD auf platz 21 von 24, obwohl fast so viel Geld ausgegeben werde wie die beiden Erstplatzierten Dänemark und Schweden. Im restlichen Teil des Aufmachers geht es dann nur noch um die völlig unwichtigen Statements diverser Poliiker zur Unterschichten-Debatte (der ja laut Friedrich-Ebert-Stiftung acht Prozent angehören sollen, in Ostdeutschland rechnen sich selbst angeblich sogar 25 Prozent zur Unterschicht. Schön ist dagegen wiederum, dass direkt unter dem Aufmacher ein 2spalter mit dem Titel „Top-Verdiener holen auf“ platziert wurde. Laut einer Studie der DSW liegen die Vorstandsgehälter bei deutschen AGs mittlerweile im europäischen Vergleich mit an der Spitze. Im DAX seien die Vorstandsvergütungen von 2004 auf 2005 im Schnitt um elf Prozent gestiegen, so die DSW. Die der Vorstandsvorsitzenden seien ebenso stark gewachsen. Wie zu erwarten ist die Seite 2 dieser FR-Ausgabe als Themenseite dem Problem gewidmet. Mit interessanten Beiträgen, für deren inhaltliche Zusammenfassung mir leider die Zeit fehlt. Also begnüge ich mich mit wenigen harten Fakten: Dem Armutsbericht der rot-grünen Bundesregierung von 2005 zufolge ist der Anteil der unter der Armutsgrenze lebenden Personen von 12,1 Prozent (1998) auf 13,5 Prozent (2005) gestiegen. Übrigens fand ich sehr interessant, nur hier z lesen, dass die der Unterschichten-Debatte zugrunde liegende Studie im Auftrag der FES eine demoskopische war, keine empirische. D.h. gefragt wurden die 3021 Personen nach ihrer subjektiven Einschätzung zu ihrer eigenen Lage, nicht aber nach objektiven Kriterien (wie etwa Einkommen o.ä.). 14 Prozent der Befragten sehen sich als Verlierer gesellschaftlicher Entwicklungen, 63 Prozent haben Angst vor diesen Veränderungen, 46 empfinden das Leben als ständigen Kampf und 44 Prozent fühlen sich vom Staat im Stich gelassen. 15 Prozent sind generell verunsichert. Psychologe Timo W., übernehmen sie.

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