Für seinen Plan, die großen deutschen Stromversorger notfalls zu zerschlagen, erhält hessens Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU) Unterstützung von seinem Berliner Kollegen Harlad Wolff (PDS). Auch Wolff will „die Oligopole der Stromkonzerne knacken“, sagte er der FR (lt. Wirtschaftsteil von heute). Bei Marktmissbrauch von Energiefirmen müsse der Staat diese zwingen, Kraftwerke zu verkaufen, was auch Rhiel als letzte Konsequenz gefordert hatte, wenn Verschärfungen des Wettbewerbsrechts nicht zögen. Wolff fordert außerdem, die Strompreisaufsicht über 2007 hinaus bei den Ländern zu belassen und die Strompreisgestaltung der Konzerne auf allen Ebenen zu überprüfen, nicht nur bei den Netzen.
Wirtschaftsminister Pfister (FDP) aus BaWü meint, Rhiels Vorschlag sei theoretisch möglich, praktisch aber wirkungslos, weil sich die zugehörigen Prozesse jahrelang hinziehen werden und in dieser Zeit der Wettbewerb nicht gefördert werde. NRW-Kollegein Christa Thoben (CDU) will ebenso wie das Bundeskartellamt eine stärkere Missbrauchsaufsicht.
martin1969 - 6. Okt, 15:28
Der Aufmacher im FR-Wirtschaftsteil beschäftigt sich heute mit dem Preisanstieg Holzpellets. Diese kosten aktuell rund 25 bis 30 Prozent mehr als noch vor einem Jahr, mit steigendem Trend wegen der beginnenden Heizsaison. Mancherorts habe es vor einigen Monaten sogar Lieferschwierigkeiten gegeben, die aber laut Deutschem Energie-Pelletverband nicht auf Produktionsengpässe zurückgingen, sondern auf die Tatsache, dass viele Hersteller ihre Pellets ins Ausland verkauft hätten, das in Deutschland die Nachfrage in den Jahren zuvor zu niedrig gewesen sei. Mittlerweile gebe es genug Produktionskapazität, manche Anbieter würden sogar bereits anderes als nur Sägemehl verarbeiten – beispielsweise auch Rundholz aus dem Wald. In jedem 550sten Haushalt stehe ein Pelletbrenner, der Verband rechnet aber mit Wachstumsraten von 100 Prozent und hofft auf eine installierte Zahl von 70 000 Ende 2006. Die Zahl der Kaminkachelöfen beträgt vier Mio. und die der offenen Kamine 1,3 Mio. Die Folge: Nach dem starken Ölpreisanstieg herrscht ein wahrer Run aufs Brennholz, Hessen-Forst beispielsweise hat den Absatz seit 2002 von 250 000 Festmeter auf 800 000 gesteigert. Tendenz auch hier weiter steigend. Ein Forstexperte der Landwirtschaftskammer Niedersachsen sagt steigende Preise fürs Holz und zunehmende Konkurrenz zwischen Papier- und Energienutzung voraus. Bayerns Landwirtschaftsminister schätzt, dass aus heimischen Wäldern noch 50 Prozent mehr Holz geholt werden könne als bislang und auch das Kompetenzzentrum Hessen-Rohstoffe sieht steigende Preise. Und bald werden sich vermutlich die ersten Umweltverbände sorgen machen über fehlendes Totholz im Wald, wenn sie das nicht bereits tun. Zu recht, denn ein gewisses Maß an Totholz ist tatsächlich immens wichtig für viele Lebewesen und für die Bodenerneuerung (Verrottung).
martin1969 - 6. Okt, 15:18
Aus einer heute verschickten PM des Bundes der Energieverbraucher e.V.
Der Bund der Energieverbraucher hat Berechnungen vorgelegt, nach denen die Stromversorger jährlich 26 Milliarden Euro zuviel für den Strom in Rechnung stellen. „Die deutsche Stromwirtschaft belastet seit Jahren Wirtschaft und Verbraucher mit Strom- und Gaspreisen, die um 26 Milliarden Euro über einem angemessenen und fairen Niveau liegen. Dies kann nicht länger hingenommen werden“ sagte Verbandschef Dr. Aribert Peters in Bonn. Der Verein hat seine Berechnungen der Bundesnetzagentur, dem Bundeskartellamt und dem Bundeswirtschaftsministerium zugeleitet.
Die Stromkosten sind in Deutschland über alle Verbrauchergruppen betrachtet um etwa 5,2 Ct/kWh zu hoch. Eine Senkung der Strompreise um diesen Betrag würde weder die Versorgungssicherheit, noch den Neubau von Kraftwerken beeinträchtigen.
Die Regulierung der Netzentgelte durch die Netzagentur kommt in Deutschland acht Jahre zu spät. Sie wird nach gesetzlichen Regeln vollzogen, die weitgehend von der Stromwirtschaft selbst bestimmt wurden (Verbändevereinbarung).
Berechnungen zu Stromkosten und Strompreisen vom Bund der Energieverbraucher.
Die Strompreise setzen sich aus Stromerzeugungskosten, Verteilungskosten und Steuern und Abgaben zusammen.
Stromverteilkosten
Betrachten wir zuerst die Verteilungskosten: Die Haushalte zahlen für die Netznutzung im Schnitt 7 Cent/kWh. Industrieabnehmer zahlen etwa 3 Cent/kWh. In der Summe ergeben sich daraus Netzentgelte von 23 Milliarden Euro jährlich. Diese Verteilkosten sind viel zu hoch angesetzt, um überhöhte Renditen aus dem Netzbetrieb zu ziehen und den Wettbewerbern den Zugang zu erschweren. Vor der Liberalisierung im Jahr 1998 bestand kein Grund für überhöhte Netzentgelte. Die damals von verschiedenen unabhängigen Gutachten festgestellten Verteilkosten einschließlich Vertriebskosten und Gewinn lagen für Haushaltskunden bei etwa 3,3 Ct/kWh, für Sonderabnehmer von 1,84 Ct/kWh (z.B. Studie des EWI-Instituts Köln 1998 „Kostenorientierte Stromtarife“ für das Bundeswirtschaftsministerium, weitere Quellen unter www.energieverbraucher.de/seite1125.html). Bei 315 Mrd. kWh Stromlieferung an Sondervertragskunden belaufen sich dann die realistischen Verteilkosten auf 5,8 Mrd. Euro, für 185 Mrd. kWh Strom an Tarifkunden (Haushalt und Gewerbe) von 6,2 Mrd. Euro. Statt 32,7 Mrd. Euro Verteilkosten wären also nur 12 Milliarden Euro zu rechtfertigen. Jährlicher Zusatzgewinn ohne Leistungserbringung: 11 Milliarden Euro. Denn auch vor der Liberalisierung wurde an der Stromverteilung gut verdient. Zum Vergleich: Die Stromverteilkosten für Haushaltskunden betragen derzeit in Österreich 4,1 Ct/kWh, in Frankreich 4,8 Ct/kWh, im Schnitt aller EU-Staaten 3,7 Ct/kWh, in Deutschlandd 7 Ct/kWh. In den Erhalt und den Ausbau der Netze werden jährlich nur 2,4 Mrd. Euro investiert. Die überhöhten Verteilkosten sind deshalb nicht mit hohen Investitionen in die Netze begründbar. Die Sicherheit der Netze wäre bei deutlich geringeren Verteilkosten erhaltbar, wenn die Netzbetreiber endlich wieder in die Netze investieren würden, statt die Netzentgelte ohne Leistungen als Gewinn zu verbuchen.
Die tatsächlichen Stromerzeugungskosten liegen für die abgeschriebenen Braunkohle- und Kernkraftwerke unter 2 Ct/kWh (lt. Prof. Leprich, Uni Saarbrücken) und selbst für neue Gaskraftwerke bei rund 4 Ct/kWh. Im Durchschnitt über alle Kraftwerke liegen die Stromerzeugungskosten bei etwa 3 Ct/kWh. Derzeit wird aber für den Strombezug fast 6 Ct/kWh verlangt (EEX-Notierungen). Das sind 3 Ct/kWh oder 15 Milliarden Euro jährlich zuviel. Diese Marge wird bestätigt durch eine neue Studie der Uni Erlangen (Schwarz/Lang: The Rise In German Whosale Prices, Augst 2006, IWE Paper 02 2006, Seite 15). Dieses Geld wird keineswegs für den Bau neuer Kraftwerke eingesetzt. Jährlich werden in den Kraftwerksneubau weniger als 2 Milliarden Euro investiert. Der Strom wird heute weitgehend in lange abgeschriebenen Kraftwerken hergestellt. Über die Abschreibungen wurden in den vergangenen Jahrzehnten die Kraftwerksneubauten bereits von den Stromverbrauchern bezahlt. Damit ergeben sich ungerechtfertigte Zusatzgewinne der Stromwirtschaft in Höhe von rund 26 Milliarden Euro jährlich oder 2,2 Milliarden Euro monatlich. Das ist mehr, als der Bund für die Verteidigung ausgibt und dreimal mehr als der Bund für Bildung, Kultur und Forschung aufwendet und dreimal mehr, als die Mehrwertsteuererhöhung einbringt. In den vergangenen fünf Jahren hat die Stromwirtschaft also 130 Milliarden Euro zuviel kassiert.
martin1969 - 6. Okt, 11:52