11
Apr
2006

Europa und die Konjunktur

Unter der Überschrift "Freundliches Konjunkturbild" berichtet die FR vom 10. April über die Tagung der EU-FInanzminister vom Wochenende zuvor. Alles ist toll: Ösi-Finanzminister Grasser sieht eine sehr robuste Entwicklung der Weltwirtschaft, an der sich die EU-Staaten 2006 mit einer Steigerung der Wirtschaftsleistung von 2,2 Prozent beteiligen werden. Frankreichs Breton redet von spürbarer Verbesserung, EU-Notenbankchef Trichet warnt gar bereits von Selbstgefälligkeit. Bundesbank-Präsi Weber rechnet für die BRD mit 1,5 Prozent Wachstum, es gebe Schwächen beim privaten Verbrauch, während die Unternehmen gut aufgestellt seien.

Und, was fordern die Herren als Konsequenz? härteren Sparkurs, strenge Haushaltspolitik, konsolidieren. Gleichzeitig kommen sie mit ihren Bemühungen um eine Vereinheitlichung der Unternehmenssteuern keinen Schritt weiter, d.h. wir bleiben ein gemeinsamer Wirtschaftsraum, der aber mit einem Steuersenkungswettbewerb um Unternehmen buhlt.

Mir schwant Böses für die Binnenkonjunktur.

Lohnstückkosten in der Metallindustrie

Begleitend zum aktuellen Tarifkonflikt in der Metall- und Elektroindustrie hat die FR heute die Frage der Lohnstückkosten in der Branche untersucht. Dabei stützt sie sich auf Daten des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall. Demnach veränderten sich die Lohnkosten je Arbeitsstunde (jeweils im Vergleich zum Vorjahr) 2002 um +3,6 Prozent, 2003 um + 1,7 Prozent und 2004 gar nicht, 2005 dann wieder um + 1,7 Prozent. Gleichzeitig stieg aber die Produktivität stetig: Das Plus betrug in den jeweiligen Jahren 1,9 Prozent, 2,4 Prozent, 4,5 Prozent und 2005 sogar 5,4 Prozent. Daraus ergeben sich überwiegend sinkende Lohnstückkosten: Nach einer Zunahme von 1,7 Prozent 2002 sanken sie in den darauffolgenden Jahren um 0,7 Prozent, 4,,4 Prozent und 2005 immer noch um 3,6 Prozent.

IT-Industrie im Aufwind

Die FR berichtet heute über das aktuelle Branchenbarometer von Bitkom. Die ITK-Branche habe auf der Cebit Schwung für das gesamte Jahr geholt, so der Verband. 76 Prozent seiner Mitgliedsunternehmen erwarten 2006 steigende Umsätze, 13 Prozent stabile und nur elf Prozent sinkende. 50 Prozent der Unternehmen will Arbeitsplätze schaffen, 36 Prozent deren Zahl stabil halten, 15 Prozent planen Entlassungen.

7
Apr
2006

Energieimport

Abhängigkeit der BRD von Importen bei Energierohstoffen 2004 laut Bundesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe
  • Mineralöl 97 %
  • Erdgas 82 %
  • Steinkohle 60 %
  • Braunkohle 0 %
  • Uran 100 %
  • Wasser-, Wind-, Solarkraft 0 %

6
Apr
2006

Energieinvestitionen

Auf dem Energiegipfel bei der Bundeskanzlerin haben die vier großen Energiekonzerne Eon, RWE, Vattenfall und EnBW Investitionen in neue Kraftwerke und die Stromnetze von 30 Mrd. EUR bis 2012 zugesagt. Für 20 Mrd. EUR sollen Gas- und Kohlekraftwerke mit insgesamt 12 000 MW Leistung gebaut werden. Stadtwerke haben bis 2012 den Bau neuer Kraftwerke mit zusammen rund 5500 MW Leistung angekündigt. Und die Vertreter der erneuerbaren Energien wollen bis dahin sogar 40 Mrd. EUR investieren, davon 15 Mrd. in Solarenergie, 13 Mrd. in Windkraft und zehn in Biomasse-Anlagen.

D.h. durch den Atomausstieg ist kein „Licht aus“ zu befürchten, denn bis 2012 sollen nur Atomkraftwerke mit einer Leistung von 7500 MW vom Netz.

Rezession durch Mehrwertsteuer?

Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung IMKerwartet für 2006 ein BIP-Wachstum von 1,7 Prozent und für 2007 von 1,1 Prozent. Der Rückgang liege in der Anhebung der MWSt. begründet. Allerdings ist die Prognose für kommendes Jahr nur die optimistischste Variante der Schätzungen des IMK. Komme, was nahezu alle Beobachter für den Herbst erwarten, eine Zinserhöhung der EZB hinzu, könne es 2007 im schlechtesten Fall in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen zu einer Schrumpfung der Wirtschaft und damit zu einer Rezession kommen. Ohne „Bremsmanöver“ der Regierung und der Zentralbank (also ohne MWSt- und Zins-Anhebung) könne des deutsche BIP 2007 sogar mehr als 2 Prozent wachsen.

5
Apr
2006

EU-Energiemarkt

Die Eu prangert mehr als 100 Verstöße gegen die Binnenmarkt-Richtlinie für Strom und Gas an, berichtet die FR heute. EU-Energiekommissar Piebalgs hat 28 sog. „Blaue Briefe“ an 17 Mitgliedsstaaten, darunter auch die BRD, wegen mangelhafter Umsetzung der Binnenmarkt-Richtlinie im Energiebereich verschickt. Die FR schreibt: „Kritisiert wird für die gesamte EU insbesondere das „Fortbestehen reglementierter Preise, die Diskriminierung beim Netzzugang Dritter, mangelnde Entflechtung von Netz und Vertrieb, mangelnde Tariftransparenz sowie unzureichende Zuständigkeiten der Regulierer, insbesondere hinsichtlich der Festlegung der Netzzugangentgelte“. Europas Strom- und Gasmärkte seien noch weit entfernt von einem funktionierenden, freien Wettbewerb, und große Erzeuger nutzten ihre Marktbeherrschende Stellung, um Preise zu diktieren. Auch fehle es insbesondere bei den Netztarifen an Transparenz in den EU-Energiemärkten.“

4
Apr
2006

Von Frankreich lernen heißt?

Seit 1997 veröffentlichen die deutschen und französischen Statistikämter gemeinsame Zahlen. Demnach sind tarifliche Löhne und Gehälter 2005 in Deutschland um 1,2, in Frankreich hingegen um 2,8 Prozent gestiegen. Die Inflation betrug rechts des Rheins zwei, links davon hingegen nur 1,7 Prozent. D.h. französische Arbeitnehmer hatten durchschnittlich mehr Geld in der Tasche. Mit Ausnahme 1999 war das übrigens immer seit 1997 so. Interessant der Vergleich beim BIP-Wachstum, z.B. 2004: D-Land plus 1,6 Prozent, F-Reich plus 2,3 Prozent.

Mehr Vergleichsdaten z.B. hier oder hier.

2
Apr
2006

Atomlobby

Im Vorfeld des morgigen Energiegipfels fordert der Wirtschaftsrat der CDU eine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke auf 60 Jahre. Außerdem sollen die Förderstze für erneuerbare Energie von 2008 an halbiert werden.

Ölsand in Kanada

Laut Jeffrey Rubin, Chefökonom bei der kanadischen Bank CIBC, kommt die Zeit der Ölsände. Dabei handelt es sich um ein Gemisch aus Sand und teerähnlichem Bitumen, dass voneinander getrennt wird. Der Bitumen wird dann aufgearbeitet zu synthetischem Rohöl. Die Kosten dafür betragen derzeit laut dem Förderer Suncor 11,95 USD je Barrel bei Tagebau (Trennung von Sand und Bitumen mit heißem Wasser) und 19,50 USD bei Abbau per in-situ-Methode (dabei wird Wasserdampf ins Erdreich gepumpt, der den Bitumen in tieferen Schichten löst und nach oben befördert. Rund 80 % der Ölsände müssen so abgebaut werden). Inklusive Abschreibungen betragen die Kosten 18,35 bzw. 25,50 CDN.

Der industrielle Abbau begann in Kanada 1967, allerdings gelang es erst in den 1990er Jahren, die Förderkosten auf ein profitables Niveau zu senken. Von 1996 bis 2004 wurden 21,3 Mrd. EUR alleine in Kanada in Förderprojekte investiert. Das Wirtschaftsministerium der Provinz Alberta erwartet weitere 80 Mrd. kanadische Dollar bis 2015. Derzeit sollen in Kanada 175 Mrd. Barrel wirtschaftlich abbaubare Reserven existieren, das wären nach Saudi-Arabien (260 Mrd.) weltweit die zweitgrößten Reserven. Insgesamt könnten in Kanada bis zu 1,6 Bio. Barrel liegen.

Derzeit werden aus Sand 1 Mio. Barrel täglich gewonnen, etwa so viel wie konventionell. Insgesamt fördert Kanada, zusammen mit der Offshore-Förderung, 2,5 Mio. Barrel / Tag. Bis 2015 soll die Produktion um 50 % steigen, wobei Ölsände dann 2,7 Mio. Barrel täglich liefern sollen. 1,6 Mio. Barrel täglich exportiert Kanada derzeit in die USA.

Quelle: FR-Plus vom 31. März 2006


Ölsand in Wikipedia

Einspeisegesetz

1991 auf Initiative von SPD, CDU und Grünen verabschiedet, sieht Fördersätze für die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Quellen in die Stromnetze vor. Zunächst vor allem Windkraft, später erweitert auf Solar, Biomasse, Geothermie, umbenannt in Erneuerbare Energien Gesetz (EEG): Mittlerweile kopiert von verschiedenen EU-Ländern, China, Türkei.

EEG auf Wikipedia

Konsumklima

Wird das doch noch was mit der Binnenkonjunktur? Der Konsumklima-Index der Marktforschung GFK ist mit 5 Punkten (März) und erwarteten 5,1 Punkten (April) so hoch wie seit Dezember 2001 nicht mehr. Angeblich WM-Effekt (DVD-Rekorder, TVs, usw.) und Vorziehen wegen MWSt.-Erhöhung, es wird damit gerechnet, dass der private Konsum nach Stagnation 2005 in diesemJahr um 0,5 % steigt. Immer noch wenig gegenüber den Wachstumsraten beim Außenhandel.

Komisch: Der GFK-Indikator für die Einkommenserwartung fiel gleichzeitig, ebenso wie der für die Konjunkturerwartung.

Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist übrigens derzeit auf dem höchsten Stand seit 15 Jahren.

Wettbewerb im Gasmarkt

Das OLG Düsseldorf urteilt Ende März, dass die Bundesnetzagentur detaillierte Auskünfte über die Preisgestaltung von den Betreibern von Versorgungsnetzen und Fernleitungen erheben darf. Hintergrund: die Bestrebungen um mehr Transparenz und Wettbewerb im Gasmarkt, dessen Preis eund vor allem deren Zustandekommen sich kaum jemand vernünftig erklären kann. Das beliebte Argument der Branche, der Gaspreis sei an den Ölpreis gekoppelt, erscheint schließlich in etwa so logisch wie das, der Preis von Fahrrädern stünde in Relation zu dem von Autos.

1
Apr
2006

Kohlesubventionen

Eines der beherrschenden Themen in wahrscheinlich jedem Wahlkampf in NRW ist: Wie haltet ihr es mit den Kohlesubventionen? CDU/FDP haben im Koalitionsvertrag vereinbart, für die Zeit nach 2008 keine verbindlichen Zusagen mehr zu machen. Die rot-grüne Bundesregierung hatte 2003 eine Finanzierung bis 2012 verabschiedet, jedoch nur bis 2008 verbindliche Mittelzusagen gemacht. Die FDP in NRW will bis 2010 raus aus der Steinkohlesubventionierung. Die WWirtschaftsministerin NRW Christa Thoben (CDU) hat hingegen kürzlich von eineem Auslaufen zwischen 2016 und 2020 gesprochen, obwohl sie imNovember 2005 noch schnellstmöglich Schluß machen wollte. Derweil laufen in NRW wie auf Bundesebene Bemühungen, die RAG AG vor deren angepeiltem Börsengang 2007 noch dauerhaft von der finanziellen Verantwortung für mögliche Langzeitschäden durch den Bergbau zu befreien.

Der Windkraft ist es innerhalb von nur 15 Jahren (seit Einspeisegesetz 1991) gelungen, fast konkurrenzfähig mit den Marktpreisen der hochsubventionierten Atom- und Kohlewirtschaft zu werden.

Quelle: FR vom 1. April 2006

Ölverbrauch

Nach Zahlen des MWV hat sich der weltweite Ölverbrauch 2005 um 1,2% auf 3,84 Mrd. to erhöht, während die Zunahme 2004 noch 3,7% betragen hatte. Die Nachfrage Chinas stieg 2005 um nur 3% nach 16% 2004.

31
Mrz
2006

Abschied vom Öl

Zusammenfassung aus dem FR-Plus vom 31.März 2006.

Man macht sich gar nicht so deutlich klar, wie sehr wir am billigen Öl hängen. Wir denken ans Tanken und die Heizung zuhause. Was ist mit der Lebensmittelproduktion, fragt Autor Peter Steinke zu Recht? Traktoren und andere Maschinen fahren ebenso mit Ölprodukten wie die Heizung der Gewächshäuser diese braucht. Was ist mit dem internationalen Warentransport, der überwiegend mit Schiffen abläuft – abgesehen davon, dass natürlich auch Flugzeuge, Autos und die Bahn fossile Energie verbrauchen. Insgesamt gehen rund 70 Prozent des Ölverbrauchs auf den Transportsektor. Dann ist Öl auch direkt Rohstoff, für vieles vom Plastik über Dünger und Pestizide bis zu Arznei, Lacken und Farben. Wie viel wollen wir für diese Produkte bezahlen, wenn deren Grundstoff statt 60 bis 70 USD je Barrel 100 oder 200 USD kostet?

Steinke geht dann auf die Peak Oil-Theorie ein. Die besagt, grob vereinfacht, dass „die Menge des aus einer Quelle geförderten Öls einer Kurve in Glockenform gleicht.“ Das bedeutet, sie steigt steil an bis zu einem Peak, fällt danach aber genauso schnell wieder ab. Was für eine Quelle gilt, gilt auch für das gesamte Ölfeld, aus dem die Quelle sprudelt und prinzipiell also für die gesamte Ölförderung. Je weniger ergiebig sie sprudelt, desto höher steigen die Kosten, um überhaupt noch was raus zu holen. Der Sachverhalt wurde in den 1950ern von einem US-Ölgeologen namens Hubbert entdeckt und seither mehrfach in der Praxis bestätigt, unter anderem für alle US-Ölfelder und für das Nordsee-Öl. Da man den Peak naturgemäß erst in der Rückschau bestimmen kann, ist eine weltweite Prognose schwierig, aber die Anzeichen verdichten sich, dass er (bald) hinter uns liegt.

Kursierende Schätzungen, wie lange das Öl noch reicht, sind oft interessensgeleitet und daher mit Vorsicht zu genießen, so Steinke. Beispiel OPEC: Seit Anfang der 1980er Jahre sind die erlaubten Fördermengen an die vorhandenen Reserven eines Landes gekoppelt – und die ausgewiesenen (natürlich nicht neutral nachgeprüften) Reserven schneellten in die Höhe. Beispiel Shell: Der Konzern musste 2004 zugeben, Aktionäre wie Öffentlichkeit jahrelang über die Höhe der vorhandenen Reserven getäuscht zu haben. Außerdem lag der Höhepunkt der Entdeckung neuer Felder in den 1960er Jahren, derzeit wird ein neues Barrel entdeckt für vier verbrauchte.

Peak Oil@wikipedia

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