30
Dez
2006

Konjunktur auf Tour

Nachträgliches Weihnachtsgeschenk: Nach diversen Wirtschaftsforschungsinstituten scheint jetzt wohl auch die Bundesregierung ihre Wachstumsprognosen für 2007 erhöhen zu wollen. Laut einer DPA-Meldung in der FR von heute vom 27. 12. kündigte Bundeswirtschaftsminister Glos an, die amtliche Prognose von derzeit noch 1,4 Prozent im Januar zu erhöhen. Laut Medienberichten würden verschiedene Fachbeamte in verschiedenen Ressorts zwischen 1,5 und 2 Prozent Zuwachs erwarten. Zuletzt hat das Institut für Wirtschaftsforschung seine Schätzung deutlich auf 2,1 Prozent angehoben.

Am 30.Dezember ergänzt die FR: Der GfK-Konsumklimaindex werde im Januar wegen der MWSt.-Erhöhung doch sinken, die Steuererhöhung sei eine drastische Belastung der Konsumenten, so die GfK. Gleichzeitig meldet der Branchenverband für den Außenhandel BGA: Deutschland wieder Exportweltmeister, Ausfuhren wuchsen 2006 um 13 Prozent, Importe um 17, der Außenhandelsüberschuss leicht unter dem Rekordwert von 2005.

Das DIW schreibt in seinem Newsletter Nr. 22 vom 21. Dezember 2006 übrigens:
Wachstum der Industrieproduktion in Deutschland stößt an Kapazitätsgrenzen.
Die Industrieproduktion in Deutschland wird in diesem Jahr um 5,3 Prozent wachsen und stößt im Maschinenbau bereits an ihre Kapazitätsgrenze. Fast alle Branchen haben zu dem Wachstum beigetragen. Sowohl die Auslands- als auch die Inlandsnachfrage sind kräftig gestiegen. [...] Im kommenden Jahr wird die Produktionsdynamik in der Industrie nachlassen, und es ist ein Wachstum von 2,4 Prozent zu erwarten.

Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 50/2006
Pressemitteilung des DIW Berlin vom 13. Dezember 2006

Bereits Mitte Dezember hatten IfO und RWI ihre Konjunkturprognosen angehoben. Beide erwarten ein BIP-Wachstum 2007 von 1,9 Prozent und erhöhten die Schätzung für 2006 auf 2,5 Prozent. Der Bankenverband und der Internationale Währungsfonds (IWF) hoben ihre Voraussagen ebenfalls an, blieben für 2007 mit 1,5 Prozent aber vorsichtiger. Das Ifo-Institut hatte bisher für 2006 eine BIP-Zunahme um 1,8 Prozent und für 2007 von 1,7 Prozent erwartet. [...] Auch für die Folgejahre zeigte sich Ifo-Chef Hans Werner Sinn optimistisch, die Aufschwungphase könnte bis Ende des Jahrzehnts anhalten.

Das RWI war bisher für 2006 von 2,2 Prozent und für 2007 von 1,7 Prozent BIP-Wachstum ausgegangen. Der Bundesverband deutscher Banken hob seine Prognose ebenfalls an, von 1,1 Prozent auf 1,25 bis 1,50 Prozent. Für 2006 sei mit 2,5 Prozent Wachstum statt der bislang erwarteten 2,25 Prozent zu rechnen. Und der IWF erhöhte seine Wachstumsprognose 2006 von 2 Prozent auf 2,5 Prozent, für 2007 von 1,3 auf 1,5 Prozent erwartet. Grundsätzlich befinde sich Deutschland in einem zyklischen Aufschwung, bei dem eine starke Exportentwicklung zunehmend ihren Niederschlag auch in der Binnennachfrage finde. Und der BDI, so meldet die FR am 2. Januar, spricht von guter Auftragslage in der deutschen Industrie und erwartet nun 1,5 Prozent Wachstum (BIP) statt wie zuvor 1,3 bis 1,5 Prozent.

Die Erdgasfalle

In der FR von heute beschreibt Holger Krawinkel, Energieexperte der Verbraucherzentralen (Bundesverband), Fehler der Vergangenheit und Wege aus der Erdgasfalle.

Weil die Gasspeicher gut gefüllt seien und nur 7,5 des deutschen Ergasbedarfsüber Weißrussland komme seien die aktuellen Streitigkeiten zwischen dem Land und dem russischen Gaskonzern Gasprom kein großes Problem, so die Einleitung. Allerdings betrage die deutsche Abhängigkeit von Russland beim Gas 40 Prozent, Tendenz steigend, auch durch die kommende Ostseepipeline. Aber, so Krawinkel, viele Experten bezweifeln, dass Russland langfristig seine Exportverpflichtungen erfüllen könne, denn die weltweite Expansion von Gazprom führe zu roten Zahlen und verschlinge die Mittel, die der Konzern eigentlich zur Erschließung neuer Förderquellen brauche. Verflüssigtes Gas (LNG) per Schiff aus Afrika könne mittelfristig einen Marktanteil von 10 bis 15 % erreichen, allerdings fehlt dazu noch der Tiefseehafen. Außerdem ist die Gasverflüssigung teuer und Gazprom etwa mische in Nordafrika (Algerien) ebenfalls bereits mit.

Zudem sei die Verwendung insbesondere des energetisch hochwertigen Erdgases in Deutschland unsinnig, da rund zwei Drittel des Jahresverbrauchs (100 Mio Kubikmeter) im Niedertemperaturbereich eingesetzt werde anstatt zur Erzeugung von Strom und Prozesswärme. Krawinkel plädiert für konsequente Kraft-Wärme-Koppelung und energieeffiziente Gebäude. Im Bestand würde durchschnittlich 20 m³ Erdgas pro Jahr und m² über Wärmeverluste in die Luft geblasen. Strenge Energiestandards für Alt- und Neubauten könne deren Energiebedarf in den nächsten 25 Jahren um bis zu 75 % senken. KWK sei so neben der Nutzung erneuerbarer Energieträger ein gangbarer Weg aus der Erdgasfalle. Vor allem die Kommunen müssten über ein neues Wärmeplanungsrecht Einfluss ausüben.

Mindestlohn

Der Vize-Vorsitzende des Europäischen Gewerkschaftsbundes, Reiner Hoffmann, fordert in einem Gespräch mit der FR europaweite Normen für einen Mindestlohn. Nationale Wirtschaftskraft und Durchschnittseinkommen sollen die relevanten Parameter zur Bestimmung seiner Höhe in jedem europäischen Land sein.

Der DIHK warnte vor mehr Bürokratie und Kostensteigerungen, die Arbeitsplätze vernichten würde. Die nach DIHK-Angaben 1,3 Mio. deutschen Vollzeitbeschäftigten mit Stundenlöhnen unter sechs Euro seien allemal besser dran als in der Arbeitslosigkeit.

Quelle: FR von heute

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