28
Jul
2008

Entspannung bei der Ölnachfrage?

Der aktuell fallende Ölpreis scheint einem FR-Bericht vom 11. Juli d.J. Recht zu geben, den ich aber trotzdem für ein Meisterstück der schlechten Recherche oder zumindest für ein "Ich wünsch mir was"-Stück Journalismus halte.

Laut dem ersten Satz des Textes sehen sowohl die wichtigsten Öl-Verbraucherländer, als auch das Produzentenkartell Opec gute Chancen auf ein Ende der Preissteigerungen beim Öl. Die Argumentation geht so: Laut IEA wird der weltweite Verbrauch in diesem wie im kommenden Jahr um jeweils rund ein Prozent zulegen. Weiter hinten wird dann deutlich, dass der Nachfrage-Unterschied laut den IEA-Prognosen 30.000 Barrel am Tag ausmache – bei einem Verbrauch von rund 88 Millionen Barrel am Tag dürfte das natürlich sehr deutlich am Ölmarkt zu spüren sein... Mal ganz abgesehen davon, dass die IEA 2004 einen Ölpreis von 22 Dollar für das Jahr 2008 vorausgesagt hat, so der Sprecher für Energiepolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen Hans-Josef Fell.

Und ebenfalls abgesehen davon, dass die IEA laut FR vom 8. November 2007 vor steigenden Ölpreisen warnt und einen radikalen Wandel fordert. Wegen des steigenden Energiehungers insbesondere in China und Indien könnten eine Versorgungskrise und rapide Preissprünge bis 2015 nicht ausgeschlossen werden, so die IEA. Bis 2030 soll sich der globale Energiebedarf sogar um rund 50 Prozent erhöhen, deshalb brauche es bis dahin Investitionen von 5.400 Milliarden USD in neue Ölfelder. Diese Summe ist laut FR ein Viertel höher, als noch im IEA-Bericht aus dem Vorjahr. So kanns gehen mit den IEA-Prognosen.

Zum zweiten Argumentationsstrang: Die Opec sagt in ihrem Jahresbericht, die Nachfrage könne bis 2012 unter das jetzige Produktionsniveau ihrer Mitglieder zurückfallen. Als Begründung führt der Artikel Anstrengungen in den USA und der EU zur Senkung des Verbrauchs und zur Förderung erneuerbarer Energie an. Als Öl-Kartell würde ich auch nichts anderes prognostizieren, wenn ich die öffentliche Meinung – hier per FR – beruhigen wollte.

Schön ist dann der letzte Satz, in dem die Opec zitiert wird. Es sei fraglich, ob angesichts dessen neue Milliardeninvestitionen zur Erhöhung der Förderkapazität nötig seien. Womit dann wenigstens die ehrliche Begründung der Opec für ihre Prognose geliefert wird: Sie wollen nicht investieren und natürlich auch nicht die Förderung erhöhen, weil es so doch viel besser für sie ist. Hohe Preise für längere Zeit ist doch allemal besser als niedrige Preise für kurze Zeit. Sommerschlussverkauf ist also keine Option...

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