18
Aug
2006

Special Konjunkturindices

Das heutige FR-Plus Wirtschaft hat sich einer löblichen und sehr dankenswerten Aufgabe verschrieben: Sie stellen wichtige Konjunkturindices vor und erklären diese häufig zitierten und selten hinterfragten Instrumente. Eine Zusammenfassung

IFO-Index
Ist eine Umfrage unter ca. 7000 führenden Angestellten aus Industrie, Handel und Bau, die monatlich ihre Einschätzung der aktuellen Geschäftslage und ihrer geschäftlichen Erwartungen für die kommenden sechs Monate abgeben. Hat ein einfaches Antwortsystem (gut, befriedigend, schlecht bzw. günstiger, gleichbleibend, schlechter). Aus den Antworten werden die Differenzen zwischen gut und schlecht, optimistisch und pessimistisch errechnet und die beiden erhaltenen Kennziffern anschließend zum Geschäftsklima-Index vereint. Er gilt als relativ wenig schwankungsanfällig, wird seit Ende der 60er Jahre berechnet und soll wegen der starken Verflechtung der deutschen Wirtschaft mit der europäischen auch über die Landesgrenzen hinaus bedeutsam sein. Laut IFO-Institut misst er in erster Linie die Breite des Aufschwungs. Der Verlauf des Index weist viele Parallelen mit der BIP-Entwicklung auf. Gilt zusammen mit dem ZEW-Index als wichtigstes deutsches Konjunkturbarometer.

GFK-Konsumklima
Wird im Auftrag der EU-Kommission monatlich bei 2000 Verbrauchern ermittelt. Diese werden befragt, ob sich die finanzielle Situation des Haushaltes im kommenden Jahr verbessern oder verschlechtern werde, ob sich die allgemeine wirtschaftliche Lage in den nächsten 12 Monaten bessern oder verschlechtern werde und ob die Befragten gegenwärtig bereit sind, Geld für größere Anschaffungen auszugeben. Vor allem aus der ersten und der letzten Frage wird der Konsumklima-Index ermittelt, die zweite Frage (allgemeine Konjunktur) fließt nur indirekt ein. Der Index schwankt auch langfristig betrachtet sehr stark.

ZEW-Index der Industrieproduktion
Monatlich werden 350 Finanzfachleute befragt, institutionelle Anleger wie Fondsverwalter und Analysten. Sie sollen ihre Einschätzung der gesamtwirtschaftlichen Lage aktuell und in sechs Monaten abgeben, Antwortmöglichkeiten analog zum IFO-Index. Außerdem werden Prognosen zur Inflation, den Zehnjahres-Zinsen, den dreimonatigen Interbank-Zinsen, zur Entwicklung von Dax und anderen Aktien-Indices, Devisen, Perspektiven einzelner Branchen sowie dem Ölpreis abgefragt. Der Indikator gibt die Differenz zwischen positiver und negativer Erwartung für die deutsche Wirtschaftsentwicklung der nächsten sechs Monate wieder und kann laut ZEW aussagekräftige Hinweise auf die Entwicklung der Industrieproduktion geben. Gilt zusammen mit dem IFO-Index als wichtigstes deutsches Konjunkturbarometer.

Autor Markus Sievers weist auf die Finanzierung der Institute hin, die meistenteils von öffentlichen Geldern abhängig sind. Rund die Hälfte der Mittel erhalten die führenden Institute von Bund und Ländern, hinzu kommen Mittel aus Forschungsaufträgen. Im Gegenzug müssen sich die Institute seit zehn Jahren von der Leibnitz-Gemeinschaft hinsichtlich wissenschaftlicher Qualität und Forschungsleistung überprüfen lassen. Als Konsequenz einer solchen Prüfung fiel das Hamburger Weltwirtschafts-Archiv HWWA aus der Förderung heraus, wurde ins Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut überführt und aus dem offiziellen Kreis der Institute ausgeschlossen, die im Auftrag der Bundesregierung jährliche Frühjahrs- und Herbstgutachten erstellen. Das GfK-Institut nimmt eine Sonderstellung ein, weil es börsennotiert ist.

FR-Autor Detlef Fechtner hat für den Hauptbeitrag Praktiker befragt. Eine Helaba-Volkswirtin bescheinige dem IFO zwar Solidität, spricht aber zugleich von Übertreibungen. Ein Deka-Banker lobt ebenfalls, bewertet die Prognose-Qualität aber nur mit wechselhaft. Seiner Meinung nach laufe der Index der Entwicklung nicht gleichmäßig voraus. Fazit Fechtners: Wirtschaftliche Prognosen auf so detaillierter Ebene wie sie die Indices versuchen, bleiben immer unsicher. Zudem: Die Indices beeinflussen sich selbst, denn die Erwartungen der Befragten sind möglicherweise nicht nur von der realen Lage geprägt, sondern auch davon, dass sie kürzlich erst einen Artikel über die aktuellen Aussagen der Konjunkturindices gelesen haben. Oder dass Aktienmärkte auf die Indices reagieren. Außerdem darf man nie vergessen, dass es sich bei den Indices nur um solcher der STIMMUNG handelt, sie also per se höchst subjektiv sind. Oder, wie es die Helaba-Bankerin ausdrückt: Verbraucher gehen auch mit schlechter Laune einkaufen. Schließlich ist immer auch die Frage, ob die Umfragen relevante Personen erreichen. Fechtner nennt als Beispiele Unternehmensvorstände ohne Budgetverantwortung, Börsianer ohne Anlagevermögen oder Privatpersonen, die sich nie um größere Anschaffungen kümmern – ihre Antworten werden möglicherweise sehr beliebig gegeben. Fazit des Autors: Die Indices sind nützliche Orientierungshilfen, aber keine eindeutigen Beweise, nach denen man etwa Entscheidungen treffen könnte.

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